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Schwangerschaftsdiabetes: Was man über Ernährung wissen sollte

Yasmin Stecher

Etwa eine von zehn schwangeren Frauen entwickelt Schwangerschaftsdiabetes. Das klingt erst einmal beunruhigend, aber die gute Nachricht ist: Mit der richtigen Ernährung lässt sich der Blutzucker meist gut kontrollieren, ohne dass Medikamente nötig sind.

Falls eine entsprechende Diagnose vorliegt, besteht kein Grund zur Sorge – es ist durchaus zu schaffen. In den meisten Fällen lässt sich mit bewussten Ernährungsgewohnheiten dafür sorgen, dass das Baby gesund zur Welt kommt.

Warum entsteht Schwangerschaftsdiabetes?

Um zu verstehen, warum Schwangerschaftsdiabetes entstehen kann, ist es wichtig zu wissen: Das ungeborene Baby wird hauptsächlich über Glukose (Traubenzucker) ernährt. Diese Glukose gelangt über die Nabelschnur direkt aus dem mütterlichen Blut zum Baby und ist seine wichtigste Energiequelle für Wachstum und Entwicklung.

Während der Schwangerschaft produziert der Körper verschiedene Hormone, die das Wachstum des Babys fördern. Diese Hormone sorgen dafür, dass mehr Glukose im Blut der Mutter verfügbar bleibt – sozusagen als "Reserve" für das Baby. Gleichzeitig können diese Hormone jedoch die Wirkung von Insulin beeinträchtigen – dem Hormon, das normalerweise dafür sorgt, dass Zucker aus dem Blut in die mütterlichen Zellen gelangt.

In der zweiten Schwangerschaftshälfte arbeiten diese Hormone verstärkt, weshalb Schwangerschaftsdiabetes meist zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche festgestellt wird. Der Körper versucht dann, mehr Insulin zu produzieren, aber manchmal reicht das nicht aus. Das Ergebnis: Der Blutzucker steigt über das normale Maß hinaus an.

Diese natürliche Anpassung des Körpers ist grundsätzlich sinnvoll, da sie sicherstellt, dass das Baby ausreichend Nährstoffe erhält. Problematisch wird es erst, wenn der Blutzuckerspiegel zu stark ansteigt.

Das ist kein Zeichen dafür, dass etwas falsch gemacht wurde. Manche Frauen haben einfach eine Veranlagung dafür, oder bestimmte Faktoren wie das Alter oder Übergewicht erhöhen das Risiko.

Was kann passieren, wenn der Blutzucker zu hoch bleibt?

Unbehandelt kann ein dauerhaft erhöhter Blutzucker sowohl für die Mutter als auch für das Baby Probleme mit sich bringen:

Für das Baby:

  • Es kann überdurchschnittlich groß und schwer werden, was die Geburt erschwert
  • Nach der Geburt kann es zu Unterzuckerung neigen
  • Langfristig steigt das Risiko, später selbst Diabetes zu entwickeln

Für die Mutter:

  • Höheres Risiko für Bluthochdruck in der Schwangerschaft
  • Häufigere Kaiserschnitte
  • Erhöhte Wahrscheinlichkeit, nach der Schwangerschaft Diabetes zu bekommen
  • In zukünftigen Schwangerschaften kann Schwangerschaftsdiabetes wieder auftreten

Das soll nicht verängstigen, sondern zeigen, warum es so wichtig ist, den Blutzucker im Griff zu behalten. Und das gelingt bei den meisten Frauen gut mit der richtigen Ernährung.

Wie kann die Ernährung helfen?

Die gute Nachricht: Studien zeigen, dass 7-8 von 10 Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes den Blutzucker allein durch Ernährungsumstellungen in den Normalbereich bringen können. Dabei muss nicht gehungert oder auf alles verzichtet werden – es geht vielmehr darum, kluge Entscheidungen zu treffen.

Die richtigen Kohlenhydrate wählen

Nicht alle Kohlenhydrate sind gleich. Manche lassen den Blutzucker schnell ansteigen, andere langsamer und gleichmäßiger. Letztere sind besser geeignet.

Empfehlenswerte Kohlenhydrate:

  • Vollkornbrot und Vollkornnudeln
  • Haferflocken
  • Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen und Bohnen
  • Quinoa und andere Vollkorngetreide

Weniger geeignet:

  • Weißbrot und helle Nudeln
  • Süße Getränke und Säfte
  • Süßigkeiten und Kuchen
  • Sehr reife Bananen und andere sehr süße Früchte

Das bedeutet nicht, dass komplett darauf verzichtet werden muss – aber sie sollten die Ausnahme sein, nicht die Regel.

Regelmäßig essen ist wichtig

Statt drei große Mahlzeiten sind mehrere kleinere oft besser. Das hilft dabei, extreme Blutzuckerspitzen zu vermeiden.

Ein guter Rhythmus könnte so aussehen:

  • Frühstück (etwas weniger Kohlenhydrate, da der Körper morgens empfindlicher reagiert)
  • Vormittags-Snack
  • Mittagessen
  • Nachmittags-Snack
  • Abendessen
  • Kleiner Abendsnack (wichtig, um nächtliche Schwankungen zu vermeiden)

Eiweiß ist hilfreich

Eiweißreiche Lebensmittel helfen dabei, den Blutzucker stabil zu halten. Zu jeder Mahlzeit sollte etwas Eiweiß gegessen werden:

  • Fisch, Fleisch, Eier
  • Milchprodukte wie Joghurt oder Käse
  • Nüsse und Samen
  • Hülsenfrüchte (die liefern sowohl Eiweiß als auch gute Kohlenhydrate)

Gesunde Fette nicht vergessen

Auch Fette sind wichtig, die richtigen allerdings. Sie helfen dabei, länger satt zu bleiben und den Blutzucker stabiler zu halten.

Gute Fettquellen:

  • Avocado
  • Nüsse und Samen
  • Olivenöl
  • Fetter Fisch wie Lachs oder Makrele

Warum die Louwen-Diät hilfreich sein kann

Die Louwen-Ernährung ist ein spezielles Ernährungskonzept, entwickelt von Prof. Dr. Frank Louwen, das ab der 33. Schwangerschaftswoche empfohlen wird. Dabei werden Zucker und schnell verwertbare Kohlenhydrate weitgehend reduziert. Stattdessen stehen eiweißreiche Lebensmittel, gesunde Fette, Gemüse, Ballaststoffe und komplexe Kohlenhydrate im Vordergrund.

Die Grundprinzipien:

  • Viel frisches Gemüse und Obst (mit wenig Zucker)
  • Hochwertige Proteine
  • Gesunde Fette
  • Vollkornprodukte statt weißer Mehle
  • Wenig verarbeitete Lebensmittel

Das Schöne daran: Diese Ernährungsweise versorgt Mutter und Baby optimal mit Nährstoffen und kann gleichzeitig den Blutzucker stabilisieren.

Bewegung hilft zusätzlich

Schon ein kurzer Spaziergang nach dem Essen kann Wunder wirken. Körperliche Aktivität hilft dem Körper dabei, den Zucker aus dem Blut besser zu verwerten.

Einfache Möglichkeiten:

  • 10-15 Minuten nach den Hauptmahlzeiten spazieren gehen
  • Treppen steigen statt Aufzug fahren
  • Schwangerschaftsgymnastik oder sanftes Yoga
  • Schwimmen

Praktische Tipps für den Alltag

Für das Frühstück

  • Vollkorn-Müsli mit Joghurt und Beeren
  • Vollkornbrot mit Ei und Avocado
  • Haferflocken mit Nüssen und wenig Obst

Für Snacks

  • Eine Handvoll Nüsse
  • Joghurt mit Gurke
  • Hummus mit Gemüsesticks
  • Ein Apfel mit etwas Erdnussbutter

Für Hauptmahlzeiten

  • Die Hälfte des Tellers mit Gemüse füllen
  • Ein Viertel mit eiweißreichen Lebensmitteln
  • Ein Viertel mit guten Kohlenhydraten
  • Einen Esslöffel gesundes Fett dazu

Und wenn es trotzdem nicht reicht?

Manchmal reicht die Ernährungsumstellung allein nicht aus, um den Blutzucker ausreichend zu senken. Das ist kein persönliches Versagen – manche Schwangerschaften erfordern einfach zusätzliche Hilfe.

In solchen Fällen können Medikamente wie Insulin sicher eingesetzt werden. Viele Frauen haben anfangs Sorge davor, aber moderne Insulinbehandlung ist sehr sicher und schadet dem Baby nicht.

Nach der Schwangerschaft

Bei den meisten Frauen normalisiert sich der Blutzucker nach der Geburt wieder. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass Schwangerschaftsdiabetes das Risiko für späteren Typ-2-Diabetes erhöht.

Was getan werden kann:

  • Die gesunden Ernährungsgewohnheiten beibehalten
  • Regelmäßig körperlich aktiv bleiben
  • Das Gewicht im normalen Bereich halten
  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrnehmen

Es ist zu schaffen!

Eine Diagnose mit Schwangerschaftsdiabetes kann zunächst überwältigend wirken. Aber wichtig zu wissen ist: Mit der richtigen Ernährung und Betreuung bringen die meisten Frauen gesunde Babys zur Welt.

Quellen

1. [Hernandez, T. L., Mande, A., & Barbour, L. A. (2017). Nutrition therapy within and beyond gestational diabetes. Diabetes Research and Clinical Practice, 145, 39-50.](https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28877934/)

2. [American Diabetes Association. (2018). Management of diabetes in pregnancy: Standards of Medical Care in Diabetes-2018. Diabetes Care, 41(Supplement 1), S137-S143.](https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29222077/)

3. [Yamamoto, J. M., Kellett, J. E., Balsells, M., et al. (2018). Gestational diabetes mellitus and diet: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials examining the impact of modified dietary interventions on maternal glucose control and neonatal birth weight. Diabetes Care, 41(7), 1346-1361.](https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31390127/)

4. [Netzwerk Gesund ins Leben. (2021). Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.](https://www.gesund-ins-leben.de/inhalt/handlungsempfehlungen-29378.html)

5. [Bellamy, L., Casas, J. P., Hingorani, A. D., & Williams, D. (2009). Type 2 diabetes mellitus after gestational diabetes: a systematic review and meta-analysis. The Lancet, 373(9677), 1773-1779.](https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28877934/)

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